
Das Europäische Parlament hat eine interessante Entschließung (P10_TA(2025)0174 vom 9.9.2025) verabschiedet, in der es bestätigt, dass die Europäische Union eine umfassende Reform vorbereitet, die das öffentliche Beschaffungswesen zu einem strategischen Instrument für die Entwicklung der EU machen wird. Die gängige Vorstellung vom öffentlichen Beschaffungswesen als bürokratischem und preisorientiertem Beschaffungsinstrument rückt in den Hintergrund. Zwei Interessenbereiche der EU werden in dieser Form bereits seit längerem verfolgt: (i) Innovation, Qualität und ökologische Nachhaltigkeit und (ii) Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen. Als bahnbrechender kann die Vision einer neuen wirtschaftlichen Unabhängigkeit der EU und einer Stärkung der Präferenz der EU angesehen werden.

Innovation, Qualität und ökologische Nachhaltigkeit
Der neue Rahmen soll über die bisherige Fokussierung auf den niedrigsten Preis hinausgehen. Im Vordergrund stehen vielmehr der Gesamtwert und der langfristige Nutzen öffentlicher Aufträge. Dies soll durch die Bevorzugung nachhaltiger Lösungen erreicht werden, wobei der Schwerpunkt auf Projekten liegt, die langfristige Vorteile statt kurzfristiger Einsparungen bringen. Darüber hinaus sollen mehr Qualitäts- und Innovationskriterien (MEAT) berücksichtigt werden, da die Auftraggeber verpflichtet sein werden, Faktoren wie das technische Niveau, die Zuverlässigkeit, die ökologischen Auswirkungen oder das Innovationspotenzial der Angebote stärker zu berücksichtigen. Schließlich kommt das Parlament auch mit praktischer Unterstützung für Nachhaltigkeit. Es wird eine Reihe von Kriterien und Empfehlungen erstellt, die den Auftraggebern helfen sollen, ökologische und soziale Aspekte effektiv in ihre Verfahren zu integrieren.

Stärkung der Rolle kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)
In diesem Zusammenhang zielt die Reform darauf ab, die Bedingungen zu verbessern und den Markt für kleinere Unternehmen – kleine und mittlere Unternehmen – zu öffnen. Dies soll durch eine Vereinfachung der Verfahren erreicht werden , insbesondere durch eine Änderung der Vorschriften, damit die Beschaffungsverfahren weniger Verwaltungsaufwand erfordern. Ebenso geht es darum, große Aufträge in kleinere Teile aufzuteilen, um die Zugänglichkeit von Ausschreibungen zu verbessern und die Teilnahme einer größeren Zahl von Bewerbern aus dem Kreis der KMU zu ermöglichen. Auch Start-ups und Sozialunternehmen werden unterstützt , indem konkrete Maßnahmen und Fördermechanismen vorgeschlagen werden, die die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen auf dem öffentlichen Markt verbessern sollen.

Strategische wirtschaftliche Unabhängigkeit und europäische Präferenz der EU
Angesichts der komplexen internationalen Lage hält es das Parlament für wichtig, die wirtschaftliche Souveränität der EU zu stärken. In diesem Zusammenhang soll das öffentliche Beschaffungswesen als Instrument zur Förderung der Widerstandsfähigkeit und des Wachstums der europäischen Wirtschaft in ausgewählten Bereichen dienen . Dabei geht es darum , die Abhängigkeit von Drittländern zu verringern. Die Reform soll das Risiko einer kritischen Abhängigkeit von externen Lieferanten verringern, insbesondere in Bereichen wie Verteidigung, Gesundheitswesen und Technologie. Darüber hinaus geht es um die Förderung der inländischen Wertschöpfung, da die Aufträge gezielt die Produktion und Dienstleistungen in der EU fördern sollen, wodurch die Stabilität und Unabhängigkeit der Lieferketten gestärkt wird. Schließlich geht es um die Einführung einer Präferenz für europäische Lieferanten in strategischen Sektoren, in denen Waren und Dienstleistungen aus EU-Mitgliedstaaten bevorzugt werden sollen.
Quelle (Beschluss): www.europarl.europa.eu